1911 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Schiel, Adelbert, Priewe, Robert, Schmidt, Hermann, Priewe, Hermann, Tromnau, Friedrich, Krausbauer, Theodor, Kerp, Heinrich, Waeber, Robert, Werner, Richard, Kohlmeyer, Otto
- Hrsg.: Heinze, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Brandenburg
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
16
Heimatkunde der Provinz Brandenburg.
3. Bodeubeschaffeuheit, Erzeugnisse und Erwerbsquellen (Verkehrsstraßen).
Die Provinz Brandenburg enthält alle Bodenarten von dein gänzlich
unfruchtbaren Saude bis zu dem ertragreichsten Acker- und Wiesenlande.
Ein Drittel des Bodens ist mit Wald bestanden, in dem die Nadelbäume
viel zahlreicher vertreten sind als die Laubbäume. Beinahe die Hälfte ist
Ackerboden, auf dem Roggen, Weizen, Gerste, Hafer, Buchweizen, Kartoffeln,
Futterkräuter (besonders Klee und Luzerne) und Zuckerrüben angebaut werden.
Der Rest wird von Wiesen eingenommen, die sich vorzugsweise iu den Niede-
rungen befinden.
Ein großer Teil der Bevölkerung erwirbt daher sein Brot durch Forst-
Wirtschaft, Ackerbau und Viehzucht. Die gezüchteten Tiere sind Pferde,
Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine, Geflügel. Der größte Teil der Bewohner
ist aber im Groß- und Kleingewerbe, im Handel und Berkehr tätig.
Neune die wichtigsten Jndustriegegenden und die daselbst gepflegten In-
dustriezweige! Nenne die Arten der Verkehrsstraßen! Nenne Eisenbahn-
knotenpnnkte! Nenne die wichtigsten Wasserstraßen! Die aar meisten
auf diesen Verkehrsstraßen beförderten Güter sind Kohle, Mauersteine, Dach-
ziegel, Getreide, Holz.
4. Bewohner und Verwaltung.
Die Bewohner der Provinz sind iu der Hauptsache Deutsche; doch gibt
es im südlichen Teile, besonders im Spreewalde, noch Wenäen. Der größte
Teil der Einwohner bekennt sich zur evangelischen Lehre; der Rest sind
Katholiken und Juden.
An der Spitze nnsrer Provinz steht der Oberpräsident, der seinen Sitz
in Potsdam hat. Er sorgt dafür, daß die Gesetze ausgeführt werden und die
öffentlichen Einrichtungen (Straßen, Wohltätigkeitsanstalten, Krankenhäuser)
erhalten bleiben.
Da die Provinz aber zu groß ist, als daß der Oberpräsident die Verwaltung
allein ausüben könnte, so hat man sie in zwei Regierungsbezirke und die
Stadt Berlin geteilt. Die beiden Regierungsbezirke werden nach den Städten
Potsdam und Frankfurt benannt. Verfolge ihre Grenze auf der Karte! Jeder
Regierungsbezirk wird durch eine Regierung verwaltet. Sie besteht aus dem
Regierungspräsidenten und einer Anzahl von Regierungsräten. Der Bezirk
Berlin wird von den städtischen Behörden verwaltet.
Jeder Regierungsbezirk gliedert sich in Kreise. Diese sind entweder Land-
kreise, die ein größeres Gebiet mit kleinen Städten und Dörfern umfassen, oder
Stadtkreise, die von den Städten mit mindestens 25000 Einwohnern gebildet
werden. Die Verwaltung des Landkreises leitet der Landrat, die des Stadt-
kreises der Bürgermeister. Neune die Land- und Stadtkreise deiner Heimat-
lichen Landschaft! Wiederhole, was du von der Verwaltung der Kreise,
Städte und Dörfer gelernt hast!
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
1896 -
Trier
: Lintz
- Autor: Kerp, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Das rhein. Scbiefergebirge und die niederrhein. Tiefebebene. 223
von gewerblichen Rohstoffen aller Art nötig. Umge-
kehrt nehmen die Erzeugnisse der Industrie ihren Weg
nach allen Ansiedelungsplätzen.
Ebenso bedeutend wie der Handelsverkehr innerhalb
der Grenzen der Landschaft selbst ist auch der mit andern Gauen
unseres Vaterlandes, sowie mit fremden Ländern. An der g e-
samten deutschen Ausfuhr hat dieses rheinische
Gebiet den hervorragendsten Anteil. Hauptgegenstände
der Ausfuhr sind : Steinkohlen, Braunkohlenbriquette,
Eisen, Gussstahlkanonen, Metall waren, Seiden-,
Wollen- und B au m w ol 1 ensto ffe , Tuche, Papier, Che-
mikalien , Trass, Mühlsteine, Bimssandsteine, gewöhn-
liche Thonwaren und Porzellan, Galanterie- und
Schmuckwaren, Zucker und Schokolade, Obst, Wein
Mineralwasser u. s. w. Es werden dagegen aus andern
Ländern eingeführt: Rohstoffe, z„ B. Seide, Baum-
wolle, Jute, Farbstoffe, Roh achate, Porzellan-
erde, ferner Holz, Getreide (das trotz der bedeutenden
eignen Ernte zur Ernährung der grossen Volksmenge nicht aus-
reicht), fettes Vieh, Gerste, Hopfen, Bier, Tabak,
Kaffee, Petroleum u. s. w. Den Ausfuhrhandel
haben die Orte, wo die Herstellung der Ausfuhrgegenstände statt-
findet, meistens selbst in Händen. Der Haupthandelsplatz
des ganzen Gebietes ist Köln, das diese Bedeutung seiner güns-
tigen Lage in der Mitte der Landschaft und am schiffbaren
Rheinstrome verdankt. Für den Getreidemarkt ist nächst
Köln Neuss der wichtigste Platz. Für Seide- und Sammet-
waren ist der Krefelder Markt massgebend. Unter den
andern Städten sind besonders Elberfeld, Barmen, So-
lingen, Remscheid und Münch en- Gladbach der Sitz
bedeutender Handelshäuser.
Das Verkehrswesen : Schiffahrtsstrassen und Eisenbahnlinien.
Zur Unterhaltung des regen Geschäfts- und Handelsverkehrs
und zur Beförderung der grossen Warenmengen stehen ausge-
dehnte Verkehrseinrichtungen zur Verfügung. Das
Eisenbahnnetz ist in den Bezirken des Grossgewerbes ein
weit verzweigtes, während durch die gebirgigen Teile der
Landschaft noch erst wenige Eisenbahnen führen. Die wichtigsten
Knotenpunkte für den Eisenbahn - Verkehr sind Köln und
Elberfeld. In Köln münden Linien von Aachen, von
I r i e r (Eifelbahn), von Bingen — Koblenz (linksrheinische
Bahn), von Giessen — Nieder lahnstein (rechtsrheinische
Linie). Von Elberfeld führen Linien nach Düsseldorf —
Neuss — M. - Gladbach und V e n 1 o , nach H agen und
Arnsberg oder Soest oder Dortmund, nach Essen und
Wesel u. s. w. Andere wichtige Eisenbahnlinien sind noch die
1900 -
Minden i. W.
: Volkening
- Autor: Schulze, Georg
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Westfalen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 118 —
Ter Hauptstrom ist die Weser, die im Kreise Höxter, dann weiter
im Kreise Herford und endlich im Kreise Minden dahinfließt. Mit
ihren Nebenflüssen aber füllt sie mit Ausnahme der Grder den ganzen
Bezirk.
Tie Ems hat das Gebiet ihres Ober- und Mittellaufes in den
Kreisen Wiedenbrück und Halle.
Zum Rhein gehört die Lippe, die mit ihren Nebenflüssen auf
ihrem Ober- und Mittellaufe die Kreise Paderborn und Büren
bewässert.
Der Bezirk zählt 586 103 Einwohner, von denen mit Ausnahme
von 6000 Juden der größte Teil in den nördlichen sechs Kreisen
der evangelischen und der in den fünf südlichen der katholischen
Konfession angehören. Es kommen also aus 1 qkm durchschnittlich
112 Menschen, während im Bezirke Arnsberg 197 und im Bezirke
Münster 83 auf demselben Räume wohnen.
Tie Bewohner des Regierungsbezirks Minden treiben Haupt-
sächlich Landwirtschaft. Es werden besonders Kartoffeln, Roggen,
Hafer, Weizen, Buchweizen und Flachs gebaut. Bon Hanstieren
züchtet man vorzugsweise Pferde, Rinder, Schweine, Schafe und
Gänse. Zur bessern Verwertung der Milch sind in vielen ländlichen
Ortschaften Molkereien errichtet, von denen täglich mehrere lausend
Liter Milch zu Butter verarbeitet werden. In einzelnen Teilen des
Bezirks hat auch die Bienenzucht Verbreitung gefunden.
Tie Waldungen gewähren reichlich Bau- und Nutzholz. Auch
die Obstbaumzucht wird mit Erfolg betrieben. In manchen Kreisen
sind die öffentlichen Wege mit Obstbäumen bepflanzt, die den Ge-
meinden in guten Obstjahren reiche Erträge liefern.
Aus den Steinbrüchen bei Hausberge, im Wieheugebirge und
im Teutoburger Walde erhält man vortreffliche Bausteine. Auch
Kalkstein und Mergel werden an manchen Orten gewonnen. Heil-
kräftige Quellen finden sich an mehreren Orten. Tie besuchtesten
Badeorte sind Oeynhausen mit zwei starken Salzquellen, Driburg
und Lippspringe. Im nördlichen Gebiete finden sich Steinkohlen
und Eisen. Tort ist auch der Gewerbefleiß am meisten entwickelt.
In den Kreisen Herford, Minden und Lübbecke werden viele Zigarren
1900 -
Minden i. W.
: Volkening
- Autor: Schulze, Georg
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Westfalen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 487 —
des Haarstrangs, ist außerordentlich fruchtbar. Ackerbau und Vieh-
zucht sind hoch entwickelt; auch liefert der Boden Salz; die In-
dustrie ist in Eisenwaren, Leinwand, Wolle, Leder, Bier und Brannt-
wein vertreten.
Die Zahl der Einwohner beträgt 54188, von denen 31 203
katholisch, 22 506 evangelisch, 479 jüdisch, in 2 Städten: Soest,
Werl, in 6 Ämtern: Borgeln, Körbecke, Lohne, Ostinghausen,
Schwefe, Werl mit 105 Landgemeinden.
Die Kreisstadt Soest mit 15 407 Bewohnern, von denen 8652
evangelisch, 6463 katholisch, 292 jüdisch, in höchster fruchtbarer
Gegend, der Soester Börde, treibt jetzt vorwiegend Ackerbau; in
der Nähe befindet sich eine Zuckerfabrik. Es hat ein Landratsamt
und Amtsgericht, ist aber vorwiegend die Stadt der Kirchen und
Schulen. Sie beherbergt in ihren Mauern: Predigerseminar, Gym-
nasium, Präparanden-Anstalt, Lehrerseminar, Provinzial-Blinden-
Anstalt, Provinzial - Taubstummen - Anstalt, Landwirtschaftliche
Winterschule (mit Versuchsgarten und Demonstrationsseld), städtische
höhere Mädchenschule, städtische Rektoratschule, städtische gewerbliche
Fortbildungsschule, Knabenhandarbeitsschule (nur im Winter),
sowie die verschiedenen konfessionellen Volksschulen. Neuerdings
sind noch zwei weitere geplant, ein Knaben-Erziehungshaus,
das zum Herbst errichtet wird, und eine landwirtschaftliche Haus-
haltungs- und Fortbildungsschule für Töchter von Landwirten. An
Sehenswürdigkeiten seien die katholische St. Patroklikirche und die
evangelische Wiesenkirche genannt. Die erstere, ein prächtiges Denk-
mal altdeutscher Baukunst, wurde von dem Erzbischofe Bruno von
Köln, Otto's I. Bruder, errichtet, enthält in einem prachtvollen
Kasten die Gebeine des heiligen Patroklus und besaß früher
auch den längst gestohlenen „Großen Gott von Soest", ein goldenes
Kruzifix, das Karl der Große gestiftet haben soll. Die unter
Friedrich Wilhelm Iv. wiederhergestellte St. Maria zur Wiesen
ist von einer Gräfin zum Dank für die glückliche Rückkehr ihres
Gemahls aus den Kreuzzügen gegründet. Das Schiff ruht auf
schlanken Säulen und wird von drei Chören geschlossen, von denen
sich namentlich das mittelste durch seine reichen Verzierungen und
1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Königreich Preußen, 379
Münster), Tabaks- und Zigarrenfabrikation (Kreise Minden, Herford, Dortmund,
Hagen, Lippstadt, Olpe). Für die in der ganzen Provinz stark verbreiteten Bier-
brauereieu sind namentlich Dortmund, Hamm, Ibbenbüren, Cappenberg von größerer
Bedeutung; 1888/89 gab es 776 Brauereien, welche 41703 Tonnen Getreide und
59 Tonnen Surrogate zu 1860000 Tonnen Bier verbrauten, wovon nur der 17. Teil
obergärig war. Ebenso ist die Branntweinbrennerei nicht unbedeutend.
Der Landwirtschaft kommt der verhältnismäßig gute Boden der Pro-
vinz fehr zu statten, und dieselbe hat infolge weitgehender Verbreitung fach-
wissenschaftlicher Kenntnisse (Westfälischer Bauernverein :c.) und ausgiebiger
Benutzung aller neueren Maschinen einen höchst erfreulichen Aufschwung ge-
Wonnen; sie blüht besonders in dem nichtindustriellen Teile des Landes.
Im Jahre 1882 betrug die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe überhaupt
305009, von denen eine Fläche von insgesamt 1030503 ha bewirtschaftet wurde.
Von den erwähnten Betrieben erstreckten sich. 108640 auf eigues, 81003 auf eignes
und gepachtetes und 115366 nur auf gepachtetes Betriebsland. Im Jahre 1888
betrug die Betriebsfläche für Roggen 233944 ha (Ertrag: 235516 Tonnen), für
Weizen 76464 ha (Ertrag: 87 767 Tonnen), für Gerste 29310 lia (Ertrag: 30396
Tonnen), für Kartoffeln 78661 ha (Ertrag: 583 576 Tonnen), für Hafer 151208 ha
(Ertrag: 175604 Tonnen), für Wiesenheu 156940 ha (Ertrag: 320059 Tonnen).
Neben diesen Gewächsen wird als Hauptfutter für das Vieh überall roter Klee an-
gebaut, auch Flachsbau ist ziemlich verbreitet (1883: 5697 ha), wenngleich der starke
Bedarf an Flachs und Hanf im Bereiche der Großindustrie teilweise aus Rußland,
Irland:e. gedeckt zu werden pflegt. Ölfrüchte werden in einzelnen Gegenden, doch
nicht in beträchtlicher Ausdehnung gebaut (1883: 2838 ha); Obst- und Gartenbau
find, weil durch die natürlichen Verhältnisse nicht gerade begünstigt, weniger entwickelt
(1883: 20317 ha Gartenland). Auf den Anbau von Zichorien wurden (1883) 164, auf
den von Zuckerrüben 2156 ha verwendet. 1888/89 verarbeiteten fünf Zuckerfabriken
93496 Tonnen Rüben zu 10319 Tonnen Rohzucker und 2197 Tonnen Melasse. —
Die Pferdezucht, gefördert durch das königliche Landgestüt zu Warendorf und durch
die landwirtschaftlichen Vereine, hat es zur Deckung des Bedarfs der Provinz ge-
bracht; bemerkenswerte Pferderassen haben sich indes nicht entwickelt; im ganzen
erreicht die Pferdezahl fast den Staatsdurchschnitt. In der Rinderzucht hat sich das
südholländische Vieh besonders eingebürgert; in den nördlichen Gegenden der Provinz
reicht die Produktion aus, um über den eignen Bedarf hinaus einen großen Teil
der südlichen Jndnstriegegend zu versorgen; im ganzen wird der Staatsdurchschnitt
an Rindern etwas übertroffen. Die Schafzucht ist auch in Westfalen sehr zurück-
gegangen, doch finden noch immer in Paderborn drei bedeutende Schafmärkte statt;
die Provinz erreicht kaum die Hälfte des Staatsdurchschnitts an Schafen. Die
Schweinezucht ist sehr hervorragend, so daß in Schweinen der Staatsdurchschnitt
nicht unerheblich überschritten und eine ausgedehnte Ausfuhr von Schinken ermög-
licht wird, die europäischer Berühmtheit genießen. Es kommen für diesen Zweig der
Viehzucht besonders die nördlichen Gegenden in Betracht; die Schinkenausfuhr ge-
schieht vorzugsweise aus den Kreisen Wiedenbrück und Halle (60 große und eine
Anzahl kleinere Firmen verarbeiten jährlich 40 — 50000 Schweine). — Vorhanden
waren am 10. Januar 1883 im ganzen 120646 Pferde, 527605 Rinder, 416761
Schafe, 367 844 Schweine und 181174 Ziegen; der Gesamtwert des Viehs betrug
191542000 Mark. — Vom Walde sind 73,. Proz. Laubholz (wovon 27,» Buchen)
und 26,5 Nadelholz.
Der Handel mit den Jndustrieerzengnissen der Provinz bedient sich in
ausgedehntem Maße der deutschen, englischen und holländischen Seehäsen; von
einigen Gegenden aus wird auch ein bedeutender Hausierhandel betrieben.
Die Ausfuhr von Jndustriegegeuständen erstreckt sich auf große Mengen von
Metall- und Kurzwaren, Bronzegegenständen, Nadeln, Knöpfen, Geweben, Näh- und
Strickgarnen. Diese Gegenstände werden nach Nord-und Südamerika und Australien,
nicht minder auch nach allen Teilen Deutschlands, nach Rußland, Dänemark, Schweden,
Belgien k. abgesetzt. Der Hausierhandel wird von den Bewohnern der Kreise Brilon,
Meschede und Wittgenstein mit Sensen, Messern, Scheren, Knöpfen, verschiedenartigen
1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Königreich Preußen. 399
Rinteln (1883: 4830 da), Hanf im Lahnthale und bei Wiesbaden (1883: 226 ha),
Tabak (1888: 149 ha) und Hopfen (1883: 160 ha) in einzelnen sandigen Strichen
der Mainebene, ersterer auch bei Eschwege und Schmalkalden, Ölsaat in den frucht-
bareren Gebieten (1883: 5629 da) gebaut. Besonders gute Wiesen finden sich im
Bezirke Wiesbaden. Treffliche Obstsorten aller Art gedeihen namentlich an den Ab-
hängen des Taunus, und zwar vornehmlich auch Pfirsiche, Aprikosen, Mandeln und
Edelkastanien; im unteren Werrathale (bei Witzenhausen) finden sich vorzügliche
Kirschen in weiter Verbreitung und Weintrauben (meist nicht gekeltert). Unterhalb
der Obstgelände am Taunns breitet sich die hochberühmte Weinbaugegend des Rhein-
gaues zwischen Mainz und Aßmannshausen aus. Hier ist die Heimat der Edelweiue
Johannisberger, Rüdesheimer, Markobrunuer, Aßmaunshänser, Ranenthaler, Geisen-
heimer, und auch von Mainz an den Main auswärts finden sich berühmte Weinorte,
wie Hochheim. Geringere Weinsorten reifen auch am Rhein weiter abwärts, von
Aßmannshausen auf Koblenz zu, sowie in den Kreisen Hanau und Gelnhausen (1883
waren 3771 ha Weinberge vorhanden). Das' eigentliche Gartenland hat einen ver-
hältnismäßig geringen Umfang (1883: 9329 da); auch ist der Zuckerrübenbau nicht
stark (1883: 3610 da). — Der Viehstand bleibt in Pferden hinter dem Staats-
durchschnitt bedeutend zurück, ebenso in Schafen, übersteigt denselben jedoch in
Schweinen (17 gegen 16,7 Proz.), namentlich aber in Rindern (30,g gegen 25n Proz.)
und Ziegen (8,2 gegen 4,3 Proz.). Vorhanden waren am 10. Januar 1883: 69066
Pferde, 480345 Rinder, 554299 Schafe, 266303 Schweine und 129068 Ziegen.
Die Pferdezucht ist nur in den Kreisen Ziegenhain, Frankenberg, Fritzlar und Mel-
sungen von einiger Bedeutung hinsichtlich der schweren Arbeitspferde. Von dem
Rindvieh ist am besten das Westerwälder- und Schwalmvieh.
Im ehemaligen Kurhessen ist die Entwickelung des Gewerbfleißes durch
den Zunftzwang, welcher erst durch die preußische Verwaltung (1867, bez.
1869) beseitigt wurde, sehr aufgehalten worden; in Nassau gestalteten sich die
Verhältnisse schon 1819 günstiger; der Handel war nach dem Anschluß beider
Gebiete an den Zollverein mehr in Blüte gekommen; die freie Stadt Frank-
furt war schon frühzeitig ein Handelsmittelpunkt. Seit der Einfügung dieser
Gebiete in die preußische Monarchie macht sich ein größerer Aufschwung dieser
Erwerbszweige bemerkbar. Dem Berg- und Hüttenbetriebe kommen die unter-
irdischen Bodenschätze sehr zu statten.
In Kurhessen waren während der kurzen Dauer des Königreichs Westfalen die
Beschränkungen der Gewerbe beseitigt, doch kehrte nach Wiederherstellung der kur-
fürstlichen Regierung der alte Zunftzwang zurück, von welchem nur Großhändler,
Fabrikanten, Spediteure und Künstler befreit waren. Eine Änderung wurde erst
durch die königliche Verordnung vom 29. März 1867 angebahnt und am 29. Juni
1869 trat dann die freie Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund in Kraft.
In Nassau wurde die mittelalterliche Zunftverfassung am 1. Juli 1819 aufgehoben
und, etwas unvermittelt, fchrankenlose Gewerbefreiheit eingeführt. — Der Handel
Kurhessens war schon in früher Zeit infolge der mittleren Lage des Landes nicht
unbedeutend, besonders stand der Transitverkehr in Blüte, dem die großen den Norden
mit dem Süden verbindenden Handelsstraßen, und nicht minder auch die Schiffahrt
auf Werra, Weser und Rhein zu gute kamen. Dieser durch den Anschluß an den
Zollverein noch gesteigerte Transitverkehr nahm mit der Entwickelnng des Eisen-
bahnwesens schnell ab. Das ehemalige Nassau hat für den Handel nie eine große
Bedeutung gehabt. — Die Leinwandindustrie bewegt sich weniger in Großbetrieben
als in Handarbeit einzelner Weber, welche für größere Geschäftshäuser auf Bestel-
luug arbeiten: derartige Thätigkeit ist namentlich in den Kreisen Kassel, Melsungen,
Rothenburg, Witzenhausen, Hersfeld, Ziegenhain, Hünfeld, Fulda und Rinteln zu
finden, und zwar seit alter Zeit; der Vertrieb der betreffenden Waren findet in sehr
schwunghafter Weise von Kassel aus statt (jährlich für etwa 3 Mill. Mark Leinwand
und Leinengarne). Die Tuchweberei wird in Hersfeld, Melsungen und Eschwege
betrieben; wichtiger noch ist die Fabrikation von Thonwaren. Von alter Zeit her
ist Groß-Almerode im Kreise Witzenhausen durch seine feuerfesten Schmelztiegel
1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Das Königreich Preußen. 421
Ostindien der Levante. Spanien, Italien, Norwegen: Seidenwaren :c. nach allen
Gegenden der Welt. Zu diesen Ausfuhrartikeln treten noch Weine, Schaumweine
(nach allen Weltgegenden), Obst (England), Traß und Tuffstciu (nach den Nieder-
landen) ic. Die Einfuhr betrifft zunächst besonders die verschiedenartigsten Roh-
Produkte für die Industrie, demnächst Lebensbedürfnisse. Es werden also eingeführt:
Wolle (aus Ungarn, Australien, Kapland, den La Plataländern und Rußland),
Baumwolle (aus' den Vereinigten Staaten, Niederland und England), Rohseide (aus
Frankreich, Italien, Japan und China), gesalzene Häute (aus Südamerika), Gerber-
lohe (aus Frankreich. Belgien und Luxemburg), Petroleum (aus den Vereinigten
Staaten), Kolonialwaren (aus den Niederlanden), Getreide und Kartoffeln (aus dem
übrigen Deutschland, Rußland, Amerika). — Zur Förderung der Handelsinteressen
dienen zahlreiche Handelskammern, viele Reichsbankstellen und große Banken (besonders
in Köln), Kreditvereine und Sparkassen. Im Bezirke Sigmaringen ist der Handel
unerheblich. — Dem großartigen Handel stehen auch in entsprechender Ausdehnung
und Vollkommenheit Verkehrswege aller Art zur Verfügung. An Wasserstraßen
bieten der Rhein 334, die Mosel 204, die Saar 119, die Sauer 59, die Ruhr (von
Witten an) 80, die Lippe (von Hamm, für flache Fahrzeuge sogar von der Alme-
mündung an) 133 km schiffbare Strecke. Hierzu kommen solgende Kanäle: der
Duisburger (5), der Erst- (4), der Rheinberger (3,z), der Ruhrorter (1) und der
Spoykanal (9 km). Auf dem Rhein geht eine große Anzahl von gewöhnlichen und
Schleppdampfern, von denen ein Teil allerdings niederländisch ist. Im Jahre 1888
gingen bei Güdingen an der Saar durch zu Thal 1406 beladene und 2348 unbe-
ladene (Ladung: 217400 Tonnen), zu Berg 3590 beladene und 266 unbeladene
Schiffe (Ladung: 626700 Tonnen). In demselben Jahre kamen an in Koblenz zu
Thal 94, zu Berg 32 beladene Schiffe (Ladung: 1900, bez. 4000 Tonnen), in Köln zu
Thal 1653, zu Berg 1010 beladene Schiffe (Ladung: 130200, bez. 148200 Tonnen);
es gingen ab in Ruhort zu Thal 10591 (Ladung: 1647500 Tonnen), zu Berg 2146
beladene Schiffe (Ladung: 930200 Tonnen): es gingen durch iu Emmerich zu Thal
17041 (Ladung: 3006400 Tonnen), zu Berg 9736 (Ladung: 2487900 Tonnen)
beladene Schiffe. — An Kunststraßen besitzt die Provinz rund 8000 km, wovon etwa
Vs aus Staats-, a/8 aus Provinzial-, Bezirks-, Kommunal- und Privatmitteln erbaut
sind. — Eine sehr großartige Enlwickelnng hat das Eisenbahnwesen der Provinz
gewonnen, besonders in dem indnstriereichen Norden derselben. Zn nennen sind
namentlich folgende Bahnen: die Saarbrücker, die Rhein-Nahe-, die Bergisch - Mär-
kische Bahn (mit zahlreichen Verzweigungen), die Köln-Mindener und die Rheinische
Bahn (mit vielen Zweigen). Zahlreich sind die im Interesse der Industrie gebauten
Bahnen, auch berühren das Gebiet der Provinz mehrere ausländische Bahnen. Für
den bedeutenden Durchgangsverkehr sind besonders von Wichtigkeit die Linien Köln-
Herbesthal (Deutschland—nordfrankreich, Belgien, England), Köln-Bingerbrück und
Köln-Kleve (Italien, Schweiz, Süddeutschland—holland, Belgien, England), Köln-
Oberhansen-Emmerich und Oberhausen-Minden :e. (Nordfrankreich, Belgien—nord-
deutschland, Niederlande), Aachen-Düffeldorf-Hagen, bez. Köln-Elberfeld ?e. (England,
Nordfrankreich, Belgien—westfalen, Hessen-Nassau, Nordostdentschland), Bingerbrück-
Saarbrücken (Frankreich, Elsaß-Lothringen—mittel- und Norddeutschland). Im Jahre
1888/89 hatte die Rheinprovinz 3149 km Eisenbahnen, und zwar fast ganz unter
Staatsverwaltung (nur 112 km unter Privatverwaltung). Im Bezirk Sigmaringen
gab es 1888/89 80,g km Eifenbahn, und zwar unter Staatsverwaltung. — Das
Post- und Telegraphenwesen ist ebenfalls hoch entwickelt; Oberpostdirektionen befinden
sich in Koblenz. Düsseldorf, Köln, Trier und Aachen.
Die Landwirtschaft tritt zwar, wie früher gesagt, hinter der Industrie und
dem Handel zurück, wird trotzdem aber auch schwungvoll betrieben. Gebaut werden
außer den verschiedenen Getreidearten und den gewöhnlichen Feldsrüchten in einzelnen
Gegenden Zuckerrüben, Flachs, Ölpflanzen, Tabak, Obst, Wein und Futterkräuter.
Im Jahre 1888 betrug die Erntefläche für Roggen 230203 ha (Ernteertrag: 247452
Tonnen), für Weizen 126012 (Ertrag: 156 762 Tonnen), für Spelz 4410 ha (Erlrag:
2769 Tonnen), für Gerste 43398 ha (Ertrag: 44162 Tonnen), für Kartoffeln
165897 ha (Ertrag: 962627 Tonnen), für Hafer 233885 ha (Ertrag: 322545
Tonnen), für Wiesenheu 207970 ha (Ertrag: 482091 Tonnen). Im Bezirke Sig-
maringen betrug die Erntefläche im gleichen Jahre für Roggen 1031 ha (Ernteertrag:
1900 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
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- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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- Geschlecht (WdK): koedukativ
422 Erstes Kapitel.
677 Tonnen), für Weizen 1372 ha (Ertrag: 1314 Tonnen), für Spelz 12901 ha
(Ertrag: 10760 Tonnen), für Gerste 5727 ha (Ertrag: 6781 Tonnen), für Kartoffeln
3981 ha (Ertrag: 17516 Tonnen), für Hafer 8728 ha (Ertrag: 10226 Tonnen), für
Wiefcnhen 11976 ha (Ertrag: 36062 Tonnen). Der Zuckerrübenbau war am stärksten
im Bezirke Köln; in der ganzen Provinz sind während des Verwaltungsjahres
1888/89 250329 Tonnen Rüben geerntet und von elf Zuckerfabriken 30 399 Tonnen
Rohzucker und 7995 Tonnen Melasse verarbeitet worden. In demselben Jahre gab
es 4837 Tabakspflanzer, welche auf 428 ha 840 Tonnen Tabak bauten. — Die
engen Thäler, durch welche sich die Gcwäffer der Provinz vielfach auf längere Strecken
hindurchwinden müssen, bieten für den gewöhnlichen Ackerbau wenig Gelegenheit,
um so geeigneter dagegen sind die steilen Ränder derselben für lohnenden Weinbau.
Für denselben kommen besonders das Nahe- und Glan-, das Mosel- und Saar-,
das Ahr- und das Rheinthal in Betracht. Auf den Bezirk Trier sind über 3000,
auf den Bezirk Koblenz über 10000 ha Weinland zu rechnen (1883 im ganzen
13171 ha). Im Jahre 1883 betrugen die Ernteflächen: für Ölsaat 5354, für Flachs
2451, für Hanf 1013, für Hopfen 51, für Zichorien 52 und für Zuckerrüben 14970 ha.
— Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe betrug am 5. Juni 1882 im ganzen
485332; davon fanden 219601 nur auf eignem, 180756 auf eignem und gepach-
tetem und 84975 nur auf gepachtetem Lande statt. Im Bezirke Sigmaringen waren
die betreffenden Zahlen 12212, bez. 6738, 5132 und 342. Die Zersplitterung des
Grundbesitzes ist auch in dieser Provinz ziemlich groß (57,5 Proz. der Betriebe haben
nur bis zu 10 ha, 40 Proz. 10—100 ha und nur 2,7 Proz. 100 und mehr ha). —
Der Viehbestand ist verhältnismäßig am höchsten an Rindern, und zwar bedeutend
höher als der Staatsdurcbschnitt (36 gegen 25 Proz.); dieselben gehören teils der
holländischen, teils der westerwäldischen und bergischen Rasse an. Die Pferde, deren
Zahl unter dem Staatsdurchschnitt bleibt, sind meist entweder von der schweren Bra-
banter, oder von der kleineren und gedrungeneren Ardenner- und Eiselrasse. Gering
ist die Zahl der Schweine, noch geringer die der Schafe; die der Ziegen dagegen ver-
hältnismäßig groß. Am 10. Januar 1883 wurden gezählt: 149347 Pferde, 968480
Rinder, 333731 Schafe, 434603 Schweine und 247312 Ziegen. In Hohenzollern
ist die Rinderzucht sehr erheblich; 1883 fanden sich 5383 Pferde, 44688 Rinder, 9471
Schafe, 16876 Schweine und 2679 Ziegen. — Nach früheren Angaben ist der Wald-
bestand der Provinz ziemlich bedeutend, wenn er gleich hinter dem von Hessen-Nassau
zurückbleibt (Rheinland 30,8, Hessen-Nassau 40 Proz. der Gesamtfläche). Besonders
verbreitet ist der Wald im südlichen Teile der Provinz (im Bezirke Koblenz 4l„, im
Bezirke Trier sogar 50,5, im Bezirke Düsseldorf hingegen nur l8,g Proz. der Gesamt-
stäche). Bei den Wäldern stehen die Privat- und Gemeindesorsten obenan (jene
331941, diese 325437 ha), die Staatsforsten betragen nur 17„ Proz. (142388 ha),
noch geringer an Umfang sind die Genossenschafts- (25639) und Stiftungsforsten
(5460 ha). Es überwiegt das Laubholz (über 79 Proz.); der Buchenbeftand beträgt
25,g, der Nadelholzbestand 20,9 Proz. Im Bezirke Sigmaringen ist auch ein großer
Waldbestand vorhanden (33,4 Proz.). Von den 38133 ha waren 20590 (54 Proz.)
Gemeinde-, 16672 ha (43,7 Proz.) Privatforsten, die letzteren fast ganz im Besitz
des Fürsten v. Hohenzollern; Staatsforst fand sich nicht.
Das Oberpräsidium Hat seinen Sitz in Koblenz. Daselbst befindet sich
auch der Sitz der Regierung für den gleichnamigen Bezirk und das Provinzial-
Schulkollegium, das evangelische Konsistorium, sowie das Generalkommando
des Viii. Armeekorps. Das letztere umsaßt als Rekrutierungsbezirk den größten
Teil der Provinz; ausgenommen sind nur der größere Teil des Bezirks Düssel-
dorf (Vii. Armeekorps, Generalkommando in Münster) und der Kreis Wetzlar
(Xi. Armeekorps, Generalkommando in Kassel). Das Bergwesen untersteht in
den nördlichsten Teilen des Bezirks Düsseldorf dem Oberbergamte zu Dort-
mund, in den übrigen Teilen der Provinz dem Oberbergamte zu Bonn. Die
Provinzialsteuerdirektion hat ihren Sitz in Köln, wo auch der katholische Erz-
bischos für die rheiuisch-westsälische Kirchenprovinz residiert. In Trier befindet
sich noch ein katholischer Bischof. Für das Rechtswesen ist der größte Teil der
1901 -
Berlin [u.a.]
: Spemann
- Autor: Beuermann, August, Techter, W.
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
— 76 —
Leute zu ernähren. Und wo der Ackerbau nicht lohnenden Ertrag
gewährt, bietet die Natur durch saftige Weiden zur Viehzucht, durch
prachtvolle Wälder und wertvolle Mineralien reichen Ersatz.
Dem Ackerbau sind freilich die vielen Berge unserer Provinz
nachteilig. Zwar läßt der hessische Bauer es sich nicht verdrießen,
mit größter Sorgfalt die Berghänge zu bebauen, aber steiniger Grund
und rauhes Klima machen auf vielen Gebirgen alle Mühe vergeblich.
Trotzdem sind aber die Berge in anderer Hinsicht dem Ackerbau auch
wieder förderlich. Durch Verwitterung der Gesteine, namentlich des
viel vorkommenden Basalts, entstand eine sehr fruchtbare Erde. Diese
wurde durch die zahllosen kleinen Flüsse von den rauhen Höhen in
die geschützten Ebenen hinabgeschwemmt. So liegen zwischen den
Bergen fast überall Thalgründe, die an Fruchtbarkeit den gepriesenen
Marschgegenden wenig nachstehen. Die größten und ergiebigsten
Ebenen sind die Mainebene, der Rheingau, die Wetterau,
das untere Kinzigthal, das Limburger Becken, der Ebs-
dörfer Grund, die Ohmebene, die Schwalm, der Löwen-
st ein er Grund, die „hessische Schmalzgrube" (südlich von
Homberg), die Ebene von Wabern, das Fuldathal bei
Bebra und bei Cassel, die Thalweiten der Werra bei Esch-
wege und bei Witzenhausen und das Weserthal bei Rinteln.
In diesen Gegenden wird neben anderen Arten von Getreide be-
sonders Weizen gebaut. Roggen, Hafer, Gerste, Kartoffeln und
Flachs wachsen auch fast überall auf den höher gelegenen Strichen
und an den Berghängen. Der Anbau von Zuckerrüben, Hülsen-
früchten und Gemüsearten wird namentlich im Werrathale, bei
Cassel, am Main und an der Lahn mit Erfolg betrieben. Tabak
baut man bei Hanau, Eschwege und Witzenhausen. Wein gedeiht
im Rheingau und an den Südhängen des Taunus (Rüdesheimer,
Johannisberger, Ranenthaler, Markobruuner, Steinberger und andere
Sorten), an einzelnen Stellen im Durchbruchsthale des Rheins (Aß-
mannshäuser), in der Mainebene (Hochheimer), an der untern Kinzig
bei Gelnhausen und an der Lahn bei Runkel. Obstbau wird in
der ganzen Provinz getrieben, vorzüglich aber am Südabhange des
Taunus, im Lahnthale, im unteren Kinzigthale und an der Werra.
Die üppigen Wiesengründe und die vielen Bergweiden ermöglichen
eine bedeutende Viehzucht. Auf dem Westerwalds, dem Vogelsberge
und der Rhön ist die Rindviehzucht die wichtigste Erwerbsquelle
der Bevölkerung. In den Fruchtgegenden, besonders in der Schwalm,
am Main und im Kreise Rinteln, werden gute Pserde gezüchtet.
Schafe, Schweine und Ziegen werden in fast allen Ortschaften
gehalten. — In den ausgedehnten Wäldern lebt viel Wild. Die
Flüsse liefern Fische in großer Menge. Die Bienenzucht ist
geringer als in manchen andern Provinzen, wird aber in neuerer
Zeit mehr gepflegt als früher.
Die Forstwirtschaft ist in Hesfen-Naffau ganz bedeutend; denn
keine preußische Provinz kommt der uusrigen an Waldbestand gleich.
Der Wald bedeckt 40 % des Bodens und enthält vorwiegend ^aub-
1901 -
Berlin [u.a.]
: Spemann
- Autor: Beuermann, August, Techter, W.
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
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Holz und Vieh in die Ebenen und großen Orte gesandt, und die
letzteren verfertigen wieder allerlei Fabrikwaren für die ländlichen
Bezirke. Aus dem Kannenbäckerlande schickt man Millionen von
Krügen in die Badeorte des Taunus, und von hier aus werden in
ihnen die heilkräftigen Wasser über die ganze Provinz verbreitet.
Der Weinbauer des Rheinthales bezieht vom Spessart die Pfähle
für seinen Weinberg; die von ihm gekelterten Weine kann man
wiederum in fast allen Ortschaften unseres Landes antreffen. So
herrscht zwischen den einzelnen Gegenden unserer Provinz ein viel-
seitiger Austausch von Erzeugnissen, und der Handel, welcher ihn
vermittelt, ist ein wichtiger Erwerbszweig.
Daneben treibt unsere Provinz viel Handel mit andern Ländern.
Sie giebt diesen von ihrem Reichtum und empfängt von ihnen wieder,
was ihr fehlt. Heffen-Nassau führt aus (Ausfuhr, Export): Vieh,
Wein, Mineralwasser, Erze, Braunkohlen, Holz, Thonwaren, Eisen-
und Stahlwaren, Gold- und Silbersachen n. a. Eingeführt werden
(Einfuhr, Import): Kaffee, Thee, Zucker, Gewürze, Tabak, Pe-
troleum, Steinkohlen, Südfrüchte, Reis, Uhren, Glas- und Porzellan-
fachen, Fische n. a.
Der rege Handel bedingt einen lebhaften Verkehr. Dieser wird
dadurch noch sehr gesteigert, daß Hessen-Nassau ein wichtiges Durch-
gangsland von Norddeutschland nach Süddeutschland und Frankreich
ist, und daß die Naturschönheiten der Provinz in Verbindung mit
den zahlreichen Heilquellen des Taunus alljährlich viele Fremden
herbeiziehen.
Dem Verkehr dienen Landstraßen, Wasserstraßen und vor allem
die Eisenbahnen. Die bedeutendsten Eisenbahnknotenpunkte der
Provinz sind Frankfurt, Cassel, Bebra, Limburg und Hanau. Die
wichtigsten Eisenbahnlinien sind folgende (vgl. Karte):
1. Die Main-Weserbahn (Cassel, Guntershausen, Wabern,
Treysa, Kirchhain, Marburg, Gießen, Friedberg, Frankfurt).
Abzweigungen:
a) Wabern-Wilduugen,
b) Cölbe-Laasphe,
c) Cölbe-Frankenberg,
d) Niederweimar-(Marbnrg)-Weidenhausen.
2. Die Bergisch-Märkische Bahn (Cassel, Grebenstein,
Hosgeismar, Hümme, Warburg).
Abzweigungen:
a) Hümme-Karlshafen,
b) Warburg-Corbach.
3. Die Hannoversche Bahn (Cassel, Münden, Hannover).
4. Die Halle-Ca sseler Bahn (Cassel, Münden, Witzen-
hausen, Halle).
5. Die Bebra-Göttingerbahn (Bebra, Niederhone, Allen-
dors, Eichenberg, Göttingen).
6. Die Bebra-Frankfurter Bahn (Bebra, Hersseld, Hün-
seld, Fulda, Elm, Schlüchtern, Gelnhausen, Hanau, Frankfurt).